Einschätzung der wissenschaftlichen Leistung von H. A. Lorentz durch M. Planck aus dem Jahre 1903 für dessen Nominierung als Kandidat an dritter Stelle für den Orden pour le mérite

zum Inhaltsverzeichnis

vorheriges | nächstes Dokument

Text

183
 blättern PDFWord
H.(endrik) A.(ntoon) Lorentz (geb. 18. Juli 1853 in Arnheim, promovirt 1875 zum Dr. phil., seit 1878 Professor der mathematischen Physik an der Universität Leiden) zählt gegenwärtig zu den hervorragendsten Vertretern der theoretischen Physik. Von der Bearbeitung u. Weiterführung der durch Maxwell begründeten elektromagnetischen Theorie des Lichtes ausgehend hat er im Laufe seiner wissenschaftlichen Entwicklung die Ausdehnung seines Arbeitsgebietes beständig erweitert, u. es gibt heute wohl kaum eine principielle Frage der Physik, zu der er nicht in einer ebenso originellen wie präcisen Weise Stellung genommen hätte: von der mechanischen Begründung der Thermodynamik angefangen bis zu dem immer noch der Lösung harrenden Problem des Ursprungs der Gravitation; u. auf allen diesen Gebieten hat er unvergängliche Spuren seiner schöpferischen und ordnenden Thätigkeit hinterlassen.
Die größten Verdienste aber hat er sich um den Ausbau der Maxwellschen Elektrodynamik erworben, in welcher er namentlich die Vorstellung der atomistischen Constitution der Elektricität consequent durchgeführt u. dadurch sowohl eine Vereinfachung als auch eine Vervollständigung der Theorie erzielt hat. Seine Ideen haben auch wesentlich den Anstoß zur Aufsuchung des berühmt gewordenen Zeemanschen magnetooptischen Phänomens gegeben, wofür er von der Schwedischen Akademie der Wissenschaften durch die Verleihung des Nobel-Preises ausgezeichnet wurde.

Berlin, Juni 1903

Unter Plancks Schreiben hat der Büroleiter der Akademie O. Köhnke folgenden Auszug aus dem Protokoll der Sitzung der Gesamtakademie vom 18. Juni 1903 vermerkt:

14) Bei der Ersatzwahl für den an dritter Stelle statt des verstorbenen Gibbs für den Orden pour le mérite zu präsentirenden Mathematikers wird Prof. Lorentz in Leiden einstimmig gewählt.
(gez.) Diels.

Die blauen Haken grenzen den Textteil der Einschätzung Plancks ein, der in den Bericht der Akademie vom 18. Juni 1903 an den Vizekanzler des Ordens pour le mérite über die vorgenommene Kandidatenwahl Aufnahme fand.
Quelle
Archiv der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften
Bestand Preußische Akademie der Wissenschaften, II-X-16, Bl. 183