Wahlvorschlag für Karl Schwarzschild zum ordentlichen Mitglied der physikalisch-mathematischen Klasse der Preußischen Akademie der Wissenschaften aus dem Jahre 1912, mitunterzeichnet von Max Planck

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Die Unterzeichneten beantragen: Professor Dr. Karl Schwarzschild, Direktor des Astrophysikalischen Observatoriums in Potsdam, zum ordentlichen Mitgliede der Akademie zu wählen.
Professor Karl Schwarzschild, geboren am 9. Oktober 1873, studierte in Straßburg und München, war von 1896-99 Assistent an der von Kuffner’schen Sternwarte in Wien, habilitierte sich 1899 in München, wurde 1901 als Professor der Astronomie und Direktor der Sternwarte nach Göttingen berufen und 1909 zum Direktor des Astrophysikalischen Observatoriums in Potsdam ernannt.
Seine ersten Arbeiten, die zum Teil auf die Anregung seines Lehrers Seeliger zurückzuführen sind, behandeln Aufgaben aus der theoretischen Astronomie und Himmelsmechanik. Dahin gehören die Untersuchungen über die definitive Bahn des Kometen 1843/3, über periodische Lösungen des Dreikörperproblems, über die Stabilität der Bewegung eines durch Jupiter gefangenen Kometen, über ein neues Verfahren der Bahnbestimmung spektroskopischer Doppelsterne, ferner die umfangreiche Abhandlung über die Poincaré’sche Theorie des Gleichgewichts einer homogenen rotierenden Flüssigkeitsmasse. In derselben Zeit erschienen die Beiträge zur photographischen Photometrie der Gestirne, in welchen eine neue Methode zur Bestimmung der Sternhelligkeiten aus extrafokalen photographischen Aufnahmen angegeben und die Zweckmäßigkeit dieser Methode durch Beobachtungen an veränderlichen Sternen dargelegt wird. Ferner veröffentlichte er eine Reihe kleinerer Aufsätze: über Messung von Doppelsternen durch Interferenzen, über Bestimmung der Teilungsfehler von Maßstäben, über den Einfluß der säkularen Aberration auf die Fixsternörter, über das zulässige Krümmungsmaß des Raumes u. a.
Nach seiner Berufung nach Göttingen 1901 wandte sich Schwarzschild vorwiegend physikalischen und astrophysikalischen Forschungen zu. Als die bedeutendsten seitdem in kurzer Folge erschienenen Werke sind die folgenden hervorzuheben:
In den Untersuchungen über geometrische Optik wird die allgemeine Fehlertheorie optischer Instrumente mit Hülfe der Eikonalfunktion entwickelt und daraus in vollständigerer Weise, als es bisher geschehen konnte, die Theorie der Spiegelteleskope und Linsensysteme abgeleitet. Man darf diese Arbeit als eine der hervorragendsten Leistungen auf diesem Gebiet seit Gauß bezeichnen, welche auch in praktischer Hinsicht großen Wert besitzt und zu neuen Konstruktionen von Objektiven und Spiegeln geführt hat.
In der Abhandlung über den Druck des Lichts auf kleine Kugeln wird die Arrhenius’sche Theorie der Kometenschweife durch eine strenge mathematische Analyse begründet und in wesentlichen Punkten vervollständigt. Es ist ihm hierdurch gelungen, die Bedingungen für die Entstehung der bekannten Typen der Kometenschweife genau zu formulieren und den Nachweis zu liefern, daß sich dieselben durch den Maxwell’schen Strahlungsdruck in ungezwungener Weise erklären lassen.
Für die Photometrie und Photographie der Gestirne sind ferner von Bedeutung die Untersuchungen über das Schwärzungsgesetz photographischer Aufnahmen, über die Bestimmung photographischer Helligkeiten und die nach seinem Plane an der Göttinger Sternwarte ausgeführte Aktinometrie der Sterne bis zur 7.5 Größe, welche gegenwärtig für den Gürtel zwischen 0° und 20° Deklination vollendet ist und ein Seitenstück zu der Potsdamer Photometrie bildet.
Auf die Sonnenphysik beziehen sich die Arbeiten über die Verteilung des ultravioletten Lichts auf der Sonnenscheibe, über die Strahlung der Fackeln und Flecken, sowie die mit Hülfsmitteln der mechanischen Wärmetheorie geführte Untersuchung über das Gleichgewicht der Sonnenatmosphäre. Von besonderem Wert sind auch die interessanten Resultate aus der Beobachtung der Sonnenfinsternis 1905, welche neue Wege zum Studium der Sonnencorona erschließen.
An den im Laufe des letzten Jahrzehnts durch die Arbeiten von Seeliger, Kapteyn u. A. in den Vordergrund getretenen Untersuchungen über die räumliche Verteilung und die Strömungen der Fixsterne, den Zusammenhang der Eigenbewegungen, Parallaxen, Helligkeiten und Sternspektren hat sich Schwarzschild gleichfalls durch eine Reihe wichtiger Beiträge beteiligt, unter denen besonders die Aufsätze über die Eigenbewegungen der Fixsterne und die Stellarstatistik Beachtung gefunden haben. Als vielseitigen Gelehrten und scharfsinnigen Physiker kennzeichnen ihn außerdem mehrere größere Abhandlungen aus dem Gebiete der Elektrodynamik, Elektronentheorie und theoretischen Optik.

H. Struve   M. Planck   Helmert   E. Warburg
Nernst   Hellmann   Rubens
Quelle
Archiv der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften
Bestand Preußische Akademie der Wissenschaften, II-III-35, Bl. 215-216
behändigte maschinenschriftliche Ausfertigung von H. Struve, mitunterzeichnet von M. Planck, R. Helmert, E. Warburg, W. Nernst, G. Hellmann und H. Rubens