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Schreiben M. Plancks vom 8. August 1919 an H. A. Krüss im Kultusministerium über die Gründe für die baldige Schaffung einer Zentralstelle für naturwissenschaftliche Berichterstattung | zum Inhaltsverzeichnis
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II-XIV-41, Bl. 17-17a | ← blättern → | PDFWord |
Berlin, 8. August 1919
Herrn Geheimrat Professor Dr. Krüss
Kultusministerium W.8. Wilhelmstr. 68.
Hochverehrter Herr Geheimrat!
In der Angelegenheit der geplanten Arbeitsgemeinschaft der Herausgeber naturwissenschaftlicher Bibliographien beehre ich mich auf Ihren Wunsch über die Stellung, welche die Akademie der Wissenschaften dem genannten Unternehmen gegenüber vertritt, gemäß dem Standpunkt, der bereits in den Berichten der Akademie vom 12. Juni und vom 17. Juli an das vorgeordnete Ministerium zum Ausdruck gekommen ist, noch einige nähere Ausführungen zu machen.
Das Interesse der Akademie an den großen deutschen naturwissenschaftlichen Bibliographien entspringt dem Umstand, daß die Akademie es als eine ihrer Hauptaufgaben ansieht, alles, was in ihren Kräften steht, aufzubieten, um die hervorragende Stellung, welche die deutsche Wissenschaft auch heute noch, trotz des verlorenen Krieges, im internationalen Geistesleben einnimmt, zu behaupten und womöglich noch mehr zu befestigen. Dazu gehört mit in erster Linie die Aufrechterhaltung der von allen Seiten, wenn auch zum Teil nur widerwillig, als mustergültig anerkannten Organisation der wissenschaftlichen Berichterstattung. Daß auf diesem Gebiete gegenwärtig eine ernste Gefahr droht, beweisen die jetzt in verschiedenen Ländern, besonders in Amerika, Frankreich und England auftauchenden Konkurrenzunternehmen, welche den Augenblick für günstig halten, um die deutsche Berichterstattung zu ersetzen, sie dadurch auszuschalten und ihr Erbe anzutreten. Dem gegenüber gilt es rasch und kräftig zuzufassen und vor Allem dasjenige festzuhalten, was bisher in unserem sicheren Besitz war. Aus begreiflichen Gründen, die in der dem Ministerium eingereichten Denkschrift des durchaus sachverständigen und zuverlässigen Dr. Kerkhof vom 16. Mai näher ausgeführt worden sind, arbeiten augenblicklich sämmtliche deutsche Bibliographien mit erheblicher Unterbilanz. Daher hat die Akademie vor Allem die notwendigen Schritte unternommen, um durch entsprechende Zuschüsse zu den Verlagsunkosten deren Eingehen zu verhindern; sie wird auch weiterhin größere Opfer für diesen Zweck nicht scheuen, da sie der Meinung ist, daß, wenn es nur jetzt gelingt, den gefährdeten Unternehmungen über die nächsten kritischen Jahre hinwegzuhelfen, die weitere Entwicklung sich wieder erheblich günstiger, so wie in den Jahren vor dem Kriege gestalten dürfte. So hat die Akademie dem Jahrbuch für die Fortschritte der Mathematik (Verlag: W. de Gruyter) bereits die Summe von 15000 M., zu verteilen auf die nächsten drei Jahre, fest bewilligt, eine ähnliche, vielleicht sogar noch höhere Summe ist in der nächsten Zeit für die Fortschritte der Physik (Verlag: Friedr. Vieweg & Sohn) in Aussicht genommen. Auch andere Unterstützungen sind wohl noch zu erwarten. Uebrigens will ich erwähnen, daß auch private wissenschaftliche Vereine, wie die Deutsche Mathematiker-Vereinigung, die deutsche Physikalische Gesellschaft, die deutsche Chemische Gesellschaft, von ähnlichen Gesichtspunkten geleitet, ihren Kräften angemessene Beträge für den gleichen Zweck teils schon bewilligt teils in sichere Aussicht gestellt haben. Die Akademie hat sich ferner schon jetzt bereit erklärt, dem zu gründenden Zentralbüro der Arbeitsgemeinschaft in ihren eigenen Räumen, soweit sie nicht anderweitig in Anspruch genommen sind, Plätze zum Arbeiten und zur Aufstellung von Bücherrepositorien zu gewähren. Der weitere Verlauf der ganzen Angelegenheit wird aber nun wesentlich davon abhängen, welche Stellung Staat und Reich zu der Sache einnehmen. Diese Frage ist m. E. von entscheidender Wichtigkeit für einen günstigen Ausgang des Kampfes, den die deutsche Wissenschaft jetzt um ihre Weltgeltung führen muß. Sollte das Reich sich geneigt finden, den von der Arbeitsgemeinschaft in ihrer letzten Eingabe erbetenen Geldzuschuß zu gewähren, so wird die Akademie auch ihrerseits sicherlich gern bereit sein, durch Einsetzung einer ständigen Kommission, in welche wohl auch ein Vertreter des Reiches bzw. des Staates abzuordnen wäre, sich an die Spitze des Unternehmens zu stellen und ihm dadurch, was sich aus verschiedenen Gründen empfiehlt, einen gewissen amtlichen Charakter zu geben. Die Regelung der näheren Einzelheiten müßte besonderen Erwägungen vorbehalten bleiben. Auf einen Punkt möchte ich aber zum Schlusse noch besonders hinweisen, da ich ihn für hervorragend wichtig halte. Wenn die Arbeitsgemeinschaft auf einen Erfolg ihrer Anstrengungen rechnen will, so ist es absolut notwendig, daß sie ihre Tätigkeit nicht später beginnt als am 1. Januar 1920. Denn nur wenn möglichst bald bekannt und fühlbar wird, daß hier in Deutschland sogleich mit Ernst und Nachdruck die Arbeit aufgenommen wird, ist darauf zu rechnen, daß den im Ausland auftauchenden gegenteiligen Bestrebungen von vornherein begegnet werden kann. Hier ist jeder Gewinn an Zeit gleichzeitig ein Gewinn an Prestige. Darum dürften auch außerordentliche Maaßnahmen nicht gescheut werden, um gerade jetzt, ehe es zu spät ist, möglichst starke Kräfte auf den einen entscheidenden Punkt zu konzentriren.
Hochachtungsvoll Ihr ergebenster
Planck Vorsitzender Sekretar der phys. math. Kl. | ||
Quelle Archiv der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften Bestand Preußische Akademie der Wissenschaften, II-XIV-41, Bl. 17-17a egh. Konzept von M. Planck mit einem Vermerk Plancks auf der ersten Seite links oben: Bitte baldigst zu mundiren. |